Fußball-EM: Energiefakten zum zweiten Gruppengegner Ungarn

Christian
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Quelle: Jay Ngai; Pexels

Am Mittwoch, dem 19. Juni, erwartet die deutsche Fußballnationalmannschaft in Stuttgart mit Ungarn den zweiten Gegner aus der Vorrundengruppe A. Aus diesem Grund haben wir uns Entwicklungen und Herausforderungen der Energiegewinnung im Land der Magyaren einmal genauer angeschaut.

Die Energiewirtschaft Ungarns befindet sich inmitten eines Wandels. Sie muss sowohl gegenwärtig als auch in den kommenden Jahren Herausforderungen meistern – und das unter schweren geografischen Rahmenbedingungen. Denn als klassisches Binnenland verfügt Ungarn nicht über Küsten, gleichzeitig sind große Teile des Staates flach und tief gelegen. Dementsprechend schwer tat man sich lange bei der Entwicklung von erneuerbaren Energiequellen. Aber auch die konventionellen Energieträger bereiten im Land Sorgen.

Kernkraft auf absehbare Zeit führend

Hoffnungsträgerin in Ungarn ist die Kernenergie, deren Anteil an der Gesamtstromerzeugung von 45,4 Prozent im Jahr 2020 auf 48,6 Prozent im vergangenen Jahr anstieg. Der Staat verfügt über nur ein Kernkraftwerk, das KKW Paks mit vier Kernreaktoren, die allesamt aus den 1980er-Jahren stammen und sowjetischer Bauart sind. Das KKW ist der größte Stromproduzent des Landes. Gegenwärtig wird es ausgebaut, die neuen Reaktoren sollen Mitte der 2030er-Jahre ans Netz gehen. Verzögerungen im Projektablauf führten dazu, dass die Betriebszeit der alten Reaktoren verlängert werden musste.

Braunkohleverstromung vor dem Ende

Auch das Kraftwerk Mátra, das zweitgrößte des Landes, ist mit großen Umwälzungen konfrontiert. Ursprünglich 1969 als reines Braunkohlekraftwerk in Betrieb gegangen, ist dieser Energieträger aufgrund von verschärften Umweltauflagen wirtschaftlich nicht mehr rentabel. Die entsprechenden Kraftwerksblöcke werden sukzessive zurückgebaut und voraussichtlich schon im kommenden Jahr weitgehend vom Netz genommen. Dementsprechend wird der Anteil von Braunkohle an der Stromerzeugung von 7,8 Prozent im vergangenen Jahr weiter sinken. An die Stelle der Braunkohleblöcke sollen in Mátra Gas- und Dampfturbinenkraftwerke treten.

Von russischem Gas abhängig

Schon jetzt ist Erdgas nach der Kernenergie mit 21,1 Prozent im vergangenen Jahr der zweitgrößte Energieträger für die Stromerzeugung. Außerdem wird Gas zu über 50 Prozent für die Wärmegewinnung eingesetzt. Problematisch wurde diese Konstellation spätestens mit dem Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Denn Ungarn ist von russischen Gaslieferungen abhängig, über 80 Prozent des Bedarfs wird mit Importen aus Russland gedeckt. Aus diesem Grund widersetzte sich Ungarn auch den EU-Sanktionen und dem Handelsembargo gegen den russischen Staat, mehr noch: Das Land vereinbarte mit dem russischen Staatskonzern Gazprom 2023 zusätzliche Lieferungen über die schon zuvor bezogenen 4,5 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr hinaus.

Photovoltaik auf dem Vormarsch, Flaute bei der Windenergie

Auf dem Feld der erneuerbaren Energiequellen herrscht dagegen Nachholbedarf: Zwar ist die Solarenergie auf dem Vormarsch, die 14,2 Prozent Anteil an der Stromerzeugung im letzten Jahr bedeuteten ein Plus von 4,4 Prozentpunkten. Bis 2030 soll der Anteil auf eine Leistung von 12 Gigawatt verdoppelt werden. Wind- (2 Prozent) und Wasserenergie (0,6 Prozent) leisten jedoch noch keinen nennenswerten Anteil an der Stromproduktion. Ein Grund dafür sind gesetzliche Bestimmungen, die dafür sorgten, dass ganze 13 Jahre lang im gesamten Land keine neuen Windparks gebaut wurden. Die Gesetze wurden unlängst angepasst, so wurde der Schutzabstand zu bebauten Gebieten von 12 Kilometern auf 700 Meter reduziert. Ein Grund: die ungarische Regierung hat sich gegenüber der EU verpflichtet, bis 2030 über 1000 Megawatt (MW) Windenergiekapazitäten zu verfügen – das sind 670 MW mehr als aktuell erzeugt werden. Im Land gibt es einige Regionen, die sich für Windparks gut eignen.

Sinkender Verbrauch, perspektivisch jedoch höherer Bedarf

Immerhin: Auch in Ungarn sinkt der Verbrauch von Energie gegenwärtig. So verwendeten Privathaushalte und Industrie 2023 10,9 Prozent weniger Gas als im Vorjahr, im Vergleich zu 2021 ergab sich eine Reduktion von 23 Prozent. Der Stromverbrauch ging 2023 um 4,7 Prozent zurück. Allerdings schätzt das Ministerium für Energie, dass der Gesamtbedarf an Strom auch aufgrund der Ansiedelung energieintensiver Industrieanlagen wie Batteriefabriken von gegenwärtig 42 bis 44 Terrawattstunden (TWh) bis 2030 auf 60 TWh ansteigen wird.

Energieentwicklung in Ungarn

Weitere Informationen zur Energieentwicklung in Ungarn findet du hier

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